Die Bogenschützen des SV Diana Ober-Roden trainieren im Winter in der Schulsporthalle der Nell-Breuning-Schule. Für viele ist das aber nur eine Zwischenlösung – sie sehnen das Frühjahr herbei. Dann stehen die Scheiben wieder draußen.
Auch ungewöhnliche Wege führen beim SV Diana Ober-Roden an die Zielscheibe: Bis zu viermal die Woche trainieren die Schützen, über deren Erfolgsrezept ein Mitglied sagt: „Die Mischung macht‘s.“
Der SV Diana hat rund 60 Bogenschützen. In den wärmeren Jahreszeiten sind die Sportler hauptsächlich draußen am Schützenhaus aktiv, jetzt im Winter wird in der Sporthalle an der Kapellenstraße trainiert. Zuletzt freuten sich die Schützen über die Meisterschaft in der Oberliga Süd. Ich bin durchs Schnitzelessen zu dem Sport gekommen“, meint Karl Schneider schmunzelnd. In früheren Jahren war der Mittwoch im Schützenhaus nämlich Schnitzeltag. Schneider, der die Bogenschützen mit Wolfram Nitschke trainiert, schmeckte nicht nur das kulinarische Angebot. Bei den Schützen nebenan absolvierte er eine Schnuppereinheit. „Da bin ich hängen geblieben, 2011 war das“, erinnert sich Schneider an seinen Einstieg.
Viel Kraft nötig, bis der Pfeil losschnellt
Wolfram Nitschke ist schon seit Anfang der achtziger Jahre dabei. „Bogenschießen, das ist hohe Konzentration, das ist die Anspannung. 18 Kilo hast du da auf den Fingern, über 100 Schüsse hat man da im Wettkampf am Tag. Da weiß man abends, was man gemacht hat“, beschreibt Nitschke die Faszination. Er kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schießen und konzentriert sich ganz auf seine Trainertätigkeit. Mit seiner Jugendmannschaft gewann er unter anderem die Deutsche Meisterschaft. „Wir haben auch ganz viele Best Ager bei unseren Schützen – einfach,weil das Bogenschießen Körper, Geist und Seele gut tut“, sagt Wolfram Nitschke.
Karl-Heinz Jansen sitzt seit mehr als 20 Jahren im Rollstuhl. Er nimmt seine ganze Kraft nur aus dem Oberkörper. Normalos – wie er sagt – nehmen sie aus den Beinen.
© Eyssen, Sascha
Von Oktober bis April wird drei- bis viermal in der Woche Training in der Halle angeboten. Sobald die Temperaturen einigermaßen erträglich sind, wird der Bogen auch draußen gespannt. Für manche Schützen ist das das einzig Wahre, erläutert Nitschke. In der Halle sind die Scheiben 18 Meter entfernt, draußen sind es bis zu 90 Meter.
Die Faszination Bogenschießen hat auch Karl-Heinz Jansen voll erfasst. Wenn er mal mit dem Training aussetzen muss, dann fehlt ihm spätestens nach drei Tagen etwas. Jansen: „Da kribbelt es, und man wird unruhig.“ Nach einem Unfall im Jahr 2001 ist der Diana-Schütze auf den Rollstuhl angewiesen. 2014 kam ein schwerer Herzinfarkt hinzu. „Ich habe vorher schon sporadisch Bogen geschossen“, erinnert sich Jansen. Auf der Suche nach einer passenden Sportart stieg er nach seinem Herzinfarkt wieder richtig ein. Ich habe innerhalb von vier Monaten drei Garnituren T-Shirts gebraucht, immer eine Nummer größer. Der Oberkörper geht dann schon etwas in die Breite.
Die richtige Entscheidung: „Ich habe mit Jörg Pötsch einen sehr guten Trainer. Er hat sich meiner angenommen, danach ging es rapide nach oben“, sagt Jansen, der in Bad König wohnt. Pötsch betreute 2016 Jennifer Heß bei den Paralympics in Rio. Karl-Heinz Jansen nimmt an den Wettkämpfen der Nichtbehinderten teil. „Die ganze Spannung im Körper, die – ich sage immer – die Normalos vom Fuß an aufbauen können, das kann ich ja nur ab der Hüfte“, beschreibt Jansen die Herausforderung, die er gerne annimmt. „Ich habe innerhalb von vier Monaten drei Garnituren T-Shirts gebraucht, immer eine Nummer größer. Der Oberkörper geht dann schon etwas in die Breite“, sagt Jansen zu den Folgen des intensiven Trainings. Der Empfehlung seines Orthopäden, etwas für seinen Rücken zu tun, ist er mit dem Bogenschießen jedenfalls nachgekommen.
MEISTERSCHAFTEN IM DOPPELPACK
Erfolgreiche Wochen liegen hinter den Diana-Bogenschützen. Nach vier spannenden Wettkampftagen und durchweg guten Leistungen wurden Annette Löhr, Philipp Löhr, Karl-Heinz Jansen, Jörg Pötsch, Vivian Rauch und Sven Schäfer Meister der Oberliga Süd.
Bei der Hessischen Meisterschaft sicherte sich Manuela Bräuer in der Klasse Recurve Master mit 530 Ringen den ersten Platz. Karl Schneider holte in der Klasse Recurve Senioren als Dritter einen weiteren Podestplatz. Außerdem gab es folgende Platzierungen: Sven Schäfer (17. Recurve), Jörg Pötsch (20. Recurve), Vivian Rauch (12. Recurve), Karl-Heinz Jansen (4. Recurve Senioren), Michelle Gerhardt (9. Compound).
Man muss beim SV Diana Ober-Roden nicht unbedingt in einer Mannschaft dabei sein oder an Einzelwettkämpfen teilnehmen, um Spaß am Bogenschießen zu haben. Werner Hormes beispielsweise beschränkt sich weitgehend auf die Teilnahme am Training. Im Winter auch in der Halle, sonst aber vor allem unter freiem Himmel. „Die Außenanlage ist traumhaft“, sagt der Jügesheimer, der seit zweieinhalb Jahren dabei ist. Von seiner ältesten Tochter hatte er mal einen Bogenkurs in Zellhausen geschenkt bekommen.
Hallentraining nur im Winter beliebt
Auf der Suche nach einem Verein gab nach verschiedenen Probetrainings schließlich die Außenanlage den Ausschlag für Ober-Roden. „Ich habe zwar auch schon einmal an einem Turnier teilgenommen, aber das brauche ich nicht unbedingt.“ Das regelmäßige Training genügt ihm. Teilweise ist er drei-, viermal in der Woche vor den Zielscheiben im Feld zwischen Messenhausen und Waldacker anzutreffen. Wie Werner Hormes schießt auch Karl-Heinz Jansen lieber im Freien. „Die 18-Meter-Distanz in der Halle ist den Winter über eine schöne Sache. Man hat ein Dach über dem Kopf, und es ist warm. Aber richtig interessant ist es, wenn es nach draußen auf die langen Distanzen geht. Die 50, 60, 70 Meter sind dann eine Herausforderung, wenn man etwa den Seitenwind berücksichtigen muss“, so Jansen.
OP-Online, (Sascha Eyssen)